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Martin Stadtfeld begeisterte in Ennepetal beim Klavierfestival Ruhr

Die Gründerintention des Klavierfestival Ruhr vor über 20 Jahren war es, der damals vom wirtschaftlichen Strukturwandel gezeichneten Region zukunftsorientierte Impulse der Erneuerung zu geben, durch Initiativen, die nicht zuletzt zu einem neuen Bewusstsein und damit auch zu neuen kulturellen Identifikationsmöglichkeiten für die Menschen im Revier führen sollten. Hochkultur in die Breite bringen auch an Spielorten, die nicht als Klassiktempel gelten, mit hochkarätigen Konzerten und Künstlern zu füllen ist mit dem Spielort in der Aula des Reichenbachgymnasiums in Ennepetal in diesem Jahre erneut gelungen.
 Martin Stadtfeld, eine „living legend“ des Festivals spielte einfach nur Bach.


Mit Bachs Musik hat Martin Stadtfeld seine Karriere begründet, zu ihm kehrt er immer wieder zurück. "Bach total" heißt sein Programm, das ausschließlich Werke des Thomaskantors enthält und Bearbeitungen, Rekompositionen von Stadtfelds eigener Hand. In Ennepetal sind es u. a. BWV 244 „Wir setzen uns mit Tränen nieder”, BWV 299 „Dir Jehova will ich singen” und BWV 245 „Ach Herr lass Dein liebe Engelein”.

Martin Stadtfeld versteht Bach, das ist dem gemeinen Musikjournalisten und Konzertbesuchern langjährig geläufig. Sicher versteht er die Klänge und Botschaften des „Altvaters“ nicht als Einziger, jedoch als Außergewöhnlicher unter den Besonderen, als Totalität in sich, als Kosmos, aus dem alle Musik fließt. Bach total eben, allumfassend.

Sein Spiel überzeugt durch seine Persönlichkeit, die sofort zu spüren ist, kaum, dass er die Bühne betritt. Für lauschende Konzertbesucher gibt es immer wieder Neues zu entdecken, ob in Partita, englischer Suite oder italienischem Konzert, Anschlagsarten, Artikulationen, unaufdringliche, aber beharrliche Rhythmik, stets um den Ausdruck bemüht, gerne auch einmal mit Zuspitzungen und Extremen, immer aber um die musikalische Botschaft des Menschlichen besorgt.
„Musik wirkt sehr unmittelbar auf uns Menschen. Daher steht Musik für Menschlichkeit, für universelle Gefühle wie Trost, Hoffnung – und auch für eine ständige Auseinandersetzung mit uns selbst“. Zitat des Pianisten aus dem Programmheft.

Das war es: Erlebbar, hörbar, jenseits von beschreibenden Worten fühlbar gemacht an diesem besonderen Klavierabend der besonderen Art im Rahmen des Festivals und zwar explizit in der Klang- und Ohrenschmausfülle der eigenen Bearbeitungen. Hörend Trost und Halt suchend, wie auch schon Generationen vor uns, denn er war zu hören, der gesamte Chor und Instrumentenapparat einer Bachschen Passion, eingewebt in ein einziges Instrument, dem Stadtfeld genauso zahlreiche Klangfarben entlockte. Wer hörend seinem Inneren folgt, hatte an diesem Abend dazu eine besondere Gelegenheit, die sich nicht oft bietet im Klassikkommerz des zu hoch zu schnell und gekünstelter verbalfiligraner Beschreibungsschnörkel der schreibenden Zunft nach dem Auftritt.

Ein Genuss, ein weiterer Meilenstein des sympatischerweise im Pott lebenden (Lebens-?) Künstlers. Mit einem schlichten, klaren Abendlied als letzte Zugabe entließ Martin Stadtfeldt sein verdienterweise dauerhaft applaudierendes Publikum in den Frieden der Nacht.

Anaphora