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Impfchaos im Impfzentrum Essen

Am Mittwoch kam es erneut zu längeren Wartezeiten am Impfzentrum in der Messe Essen. Teilweise mussten die Besucher über zwei Stunden auf ihre Impfungen warten und die Warteschlange reichte bei dem kalten Aprilwetter zeitweise bis vor die Messehalle 5. Schon am Osterwochenende war es zu langen Schlangen am Impfzentrum gekommen.


Eine böse Überraschung erlebte der Autor dieser Zeilen, als er seine hochbetagte und gebrechliche Mutter zu ihren zweiten Impftermin im Impfzentrum in der Messe Essen begleitete. Wo bei dem ersten Impftermin vor drei Wochen in der Halle 4 der Messe Essen alles vorbildlich abgewickelt wurde und nach einer guten halben Stunde das ganze Prozedere abgewickelt war, glaubte er diesmal im falschen Film zu sein.

Da zum Zeitpunkt des Eintreffens wegen des schlechten Wetters keine Fahrradrischka zum Transport der alten Dame zur Verfügung stand, musste sie erst einmal in einen Shuttlebus klettern. Dank der Unterstützung durch zwei Helfer gelang ihr das auch mit etwas Mühe. Dass wir dann vor der Messehalle 5 abgesetzt wurden und nicht wie zuvor vor der Messehalle 4 irritierte etwas und ich vermutete den Grund bei dem kalten Aprilwetter. Als wir dann die Halle betraten, dachte ich erst einmal, anhand der Menschenmenge in der Halle, dass wir hier falsch sein müssten, da wir doch einen Termin für 17:15 Uhr hatten. Auf meine Nachfrage diesbezüglich wurde mir geantwortet, dass wir durchaus in der richtigen Halle wären und uns an die durch Flatterbänder mäandernd geführte Warteschlange anschließen sollten.

Galerie Impfchaos in Essen

Wartezeit von bis zu zwei Stunden

Da ich aufgrund meiner positiven Erfahrungen mit dem ersten Impftermin auf die Mitnahme des sperrigen Rollators meiner Mutter verzichtet hatte, stand ich nur vor einem ernsten Problem: Da sich mehrere hundert mehr oder minder betagte Menschen in dieser Warteschlange extrem langsam fortbewegten, war mit einer Wartezeit von mindestens einer Stunde zu rechnen. Dies würde meine 93-jährige Mutter aber nicht verkraften können, auch wenn gelegentlich Sitzmöglichkeiten in Form von Holzbänken und vereinzelten Stühlen innerhalb der Warteschlange vorhanden waren. Sämtliche Leihrollstühle waren aufgrund der unerwartet großen Menschenmenge vergeben. Was nun? Zu unserem Glück boten die wirklich sehr hilfsbereiten Ordnungskräfte, die durch diesen riesigen Ansturm nachvollziehbar komplett überfordert waren, eine Sitzmöglichkeit für meine Mutter am Ende der Warteschlange an. Ich platzierte meine Mutter also auf einen dieser nicht gerade bequemen Stühle und begab mich an das Ende der Warteschlange.

Gedrängel wie beim Check-in auf dem Flughafen

Diese bewegte sich erwartungsgemäß langsam durch die riesige Halle und auf den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand von 1,50 m wurde auch nicht unbedingt geachtet. Ich fühlte mich wie beim Check-in auf dem Flughafen Düsseldorf in der Hochsaison. Ein Superspreader in dieser Menge von alten ungeimpften Menschen würde für eine riesige Infektionswelle in der Risikogruppe sorgen. Zum Glück waren meine Mutter und ich zu diesem Zeitpunkt schon einmal geimpft. Ich war im letzten Sommer unter Coronabedingungen im Aalto Theater und in der Philharmonie. Dort wurden die Sicherheitsabstände penibel eingehalten und ich fühlte mich sicher. Hier nicht. Meine Frage: Wieso werden Theateraufführungen und Konzerte mit Corona-Schutzmaßnahmen in bestens belüfteten Zuschauerräumen nicht erlaubt, aber hier darf sich die Hochrisikogruppe von alten Menschen eng beieinander stundenlang in einer mäßig belüfteten Messehalle drängen.

Als ich nach einer guten Stunde in der Warteschlange endlich meine Mutter erreichte und ich mir schon Gedanken über die letzten Meter mit ihr machte, kamen zu unserem Glück zwei Helfer mit freien Leihrollstühlen an mir vorbei, von denen ich unverzüglich einen ergattern konnte um meine Mutter darauf zu platzieren. Sie hatte schon eine Stunde auf dem unbequemen Stuhl ausharren müssen und freute sich nun über die weiche und bequeme Sitzgelegenheit.

Als endlich wir den Check-in hinter uns und im Wartebereich unsere Wartenummer erhalten hatten, stellten wir mir entsetzen fest, dass noch gut einhundert Leute vor uns dran waren. Also nochmals eine gute Stunde Wartezeit in einem für diese Menschenmenge (mindestens zweihundert) viel zu kleinen Wartebereich. Das hier genauso wenig die Sichheitsabstände wie in der Warteschlange eingehalten wurden, versteht sich anhand der Bedingungen von selbst. Ich musste spontan an meinen Impftermin am Ostersonntag im Impfzentrum Gelsenkirchen denken: Hier wurden ohne große Wartezeit die Impfprobanden nach Art der Impfung (Astrazeneca oder Biotech) getrennt und in zwei getrennte Wartezonen geleitet. Dort wurde man von einem Helfer auf einem Stuhl in einem der durch Markierungen gekennzeichneten Felder platziert und konnte mit reichlich Sicherheitsabstand auf seine Impfung warten. Hier herrschte dagegen das ungeordnete Chaos. Die paar auf dem Boden angebrachten Linien wurden nicht beachtet, was bei der Menschenmenge auch nicht weiter verwundert.

Nur eine einzige barrierefreie Toilette

Als meine Mutter während der langen Wartezeit das Bedürfnis nach einem Toilettenbesuch äußerte, stellte sich ein weiterer erheblicher Mangel heraus: Es gibt nur eine einzige barrierefreie Toilette im gesamten Impfzentrum! Weitere Toiletten sind nur über Treppen erreichbar.

Als meine Mutter endlich geimpft wurde, hatte ich die Gelegenheit, mich mit dem Arzt über das Chaos zu unterhalten. Der Grund für den Andrang bestand darin, dass viele impfberechtigte Menschen ihre Begleitpersonen unangemeldet mitgenommen haben. Begleitpersonen, die älter als 70 Jahre alt sind und in einem Haushalt mit einer Person leben, die einen Termin hat, durften an diesem Termin ebenfalls geimpft werden. Davon sind am Mittwoch viele gekommen und zum Teil fehlten die entsprechenden Unterlagen. Außerdem haben einige Besucher auch Menschen mitgebracht, die nicht als Begleitpersonen galten und nicht impfberechtigt waren. Diese Personen wurden nicht geimpft, sondern abgewiesen.

Fazit:

Das was am Mittwoch im Impfzentrum Essen abgelaufen ist, ist unverantwortlich und sollte Konsequenzen für die Verantwortlichen haben. Es herrsche absolutes Chaos und die Hilfskräfte vor Ort waren anhand der Menschenmassen restlos überfordert. Dennoch haben sie ihr Möglichstes gegeben und waren im Rahmen ihrer Möglichkeiten absolut hilfsbereit. Deshalb an dieser Stelle mein Dank an die vielen Helfer und Helferinnen, die alles dafür getan haben, den Aufenthalt und die Wartezeiten im Impfzentrum Essen für die vielen Menschen am Mittwoch so angenehm wie möglich zu gestalten.

Die Organisatoren sollten sich mal anderen Städten, wie z. B. Gelsenkirchen oder auch Düsseldorf umschauen und beraten lassen, wie man es besser machen kann. Ich habe diese beiden Städte benannt, weil ich deren Impfzentren aus eigener Erfahrung kenne und als vorbildlich empfehlen kann.

Lothar Bluoss