Das Balinesischer Wort Kebyart bedeutet soviel wie „plötzlich auflockern oder platzieren“ – eine treffende Metapher für das energiegeladene und hochvirtuose Musizieren von vier Spaniern am Saxophon. Die Unverwechselbarkeit und Experimentierfreude des Ensembles liegt im kreativen und offenen Umgang mit einem Repertoire, dass mehrere Facetten aufweist, die im Konzert am 21.1.2024 zu hören waren. Eigene Arrangements verschiedener Stilrichtungen, so wie Originalliteratur, die für das Ensemble komponiert wurde, standen auf dem Programm.
Moderiert wurde diese Debüt Konzert der Essener Philharmonie vom Musikjournalisten Daniel Fingernagel, der zu Beginn des Konzerts dem Publikum einen sowohl kurzweiligen als auch höchst informativen Ritt durch die Geschichte des Saxophons näher brachte: vom Erfinder Adolf Sax über die Reise des Instrumentes auf den amerikanischen Kontinent mit der Eroberung eines festen Platzes im Jazz und der Rückkehr nach Europa in der Nachkriegszeit bis heute.
Das Konzert startete mit Jean Philipp Ramos „Piece de clavecin” in der Bearbeitung des Kebyart Saxophonquartetts gefolgt von Maurice Ravels „Le Tombeau de Couperin“. Jeder Satz des Werkes ist jeweils einem einzelnen im 1. Weltkrieg gefallenen Kameraden Ravels gewidmet – musikalische Grabmale. Kristallklare Töne, hohe Plastizität, spielfreudige Kompaktheit der vier jungen Musiker lassen das Gehörte zum Ohrenschmaus werden. Und ja, es ist möglich in den schwierigsten Momenten des Lebens in der Musik Schönheit zu finden, wie Daniel Fingernagel es in der Anmoderation mit Haltung formulierte. Das Publikum spürte es und ging atmosphärisch mit.
Höhepunkt des Konzerts war unbestritten die Komposition des bekannten Klarinettisten, Dirigenten und Komponisten Jörg Wittmann, 7 Capricci, für Saxophon Quartett, dass den vier jungen Musikern sozusagen auf den Leib geschrieben wurde. Wittmann selbst äußerte sich folgendermaßen: „Über Jahre war mir das Saxophonquartett eher fremd gewesen, bis ich das Kebyart Ensemble hörte. Diese Homogenität und Virtuosität des Klanges dieser vier jungen, katalanischen Saxofonisten machte mir Laune für diese Besetzung zu schreiben.” Experimentelles, Bekanntes, Choralisches, auch eine Zirkusparade und Saxofon “noise“ bestimmen die Klangwelt diese Stückes. Das Programm schließt mit mit Leonard Cohens „Take this Walz“ mit nachfolgendem langem wertschätzendem Applaus eines begeisterten Publikums.
Damit war das Konzert noch nicht zu Ende, die Debüt Konzerte in der Essener Philharmonie sind kombiniert mit einem an die Veranstaltung anschließendes Künstlergespräch für das Publikum, sowie mit einem vorangehenden Angebot der „Sonnntagsmatinee Plus“, einer Einstimmung auf das Konzert eine Stunde vor Beginn bei Tee und Kaffee. Es richtet sich an ältere Menschen, die nicht alleine ins Konzert gehen möchten und Hilfestellung benötigen. So trifft man sich bereits um 10 Uhr mit der Konzertgeragogin Anja Reczikowski, die diese Reihe ins Leben gerufen hat. Eine inhaltliche Einführung in Instrumente und Programm eröffnet das Gespräch, jedoch auch Erzählungen über die eignen Hörgewohnheiten und Erfahrungen im Austausch sind möglich, gewünscht und für die Teilnehmenden sehr bereichernd. Eine Anmeldung zu diesem Angebot ist unbedingt erforderlich, es besteht Barrierefreiheit.
In dieser Saison wird es noch zwei Konzerte in diesem Format geben, Sonntagsmatinee plus, Beginn 10 Uhr - Debütkonzert um 11 Uhr mit anschließendem moderierten Künstlergespräch jeweils im RWE-Pavillon.
LEONARD QUARTET
Sonntag, 10.3.24 um 11 Uhr
Treffpunkt: 10 Uhr Eingang Stadtgarten
Daniel HOPE – Music Academy
Sonntag, 21.4.24 um 11 Uhr.
Treffpunkt: 10 Uhr Eingang Stadtgarten
Wer das Angebot Sonntagsmatinee (€10,00) inklusive Konzertkarte in Anspruch nehmen möchte, wird gebeten, sich im Vorfeld bei Anja Renczikowski unter Tel. 016094910410 oder senioren@topminusonline.de anzumelden (unbedingt erforderlich).
Reguläre Karten zu 25 € sind erhältlich im Ticket Center der TUP. Tel. 02018122200 sowie online unter www.theater-essen.de
Das neue Album des Kebyart Saxofonquartetts heißt Traum der Jugend und beinhaltet unter anderem auch die 7 Capricci von Jörg Widmann. Es kulminiert in einer Hommage an Fanny Mendelssohn. Zu sehen und vor allem zu hören unter https://www.kebyart.com/traumderjugend.
ANAPHORA
