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Die Unsichtbare Skulptur. Der erweiterte Kunstbegriff nach Joseph Beuys

Essen. Was haben unser Denken, unser Fühlen und Wollen mit der künstlerischen Praxis zu tun? Ist Kunst eine revolutionäre Kraft? Ist Zukunft eine Kategorie der Kunst? Sind das überhaupt die richtigen Fragen? Zum 100. Geburtstag von Joseph Beuys stellen rund 25 Kulturinstitutionen in 13 Städten in NRW diese der Beuys’schen Kunst und seinem Denken zugrundeliegenden Fragen im Rahmen des Jubiläumsprogramms „beuys2021. 100 jahre joseph beuys“ neu.


Über das Jahr 2021 hinweg erforscht das Programm in Ausstellungen und Performances, Symposien und Seminaren sowie zahlreichen weiteren Veranstaltungen das komplexe Wirken von Joseph Beuys und würdigt seine internationale Ausstrahlung. Es lädt dazu ein, die faszinierenden wie umstrittenen Ideen dieser Künstlerpersönlichkeit neu zu entdecken und kritisch zu hinterfragen.

„beuys2021. 100 jahre joseph beuys“ ist ein Projekt des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf als Trägerin unter der künstlerischen Leitung von Prof. Dr. Eugen Blume und Dr. Catherine Nichols. Schirmherr ist Ministerpräsident Armin Laschet.

Auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein in Essen widmet sich aus diesem Anlass eine eigene Ausstellung dem Schaffen des am 12. Mai 1921 am Niederrhein geborenen Künstlers, der zu den einflussreichsten des 20. Jahrhunderts zählt. In Kooperation mit dem Ruhr Museum präsentiert die Stiftung Zollverein in der Halle 8 die Ausstellung „Die Unsichtbare Skulptur. Der Erweiterte Kunstbegriff nach Joseph Beuys“. Sie wird großzügig vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW gefördert. In gleichem Maße hat sich die RAG-Stiftung an der Finanzierung der Ausstellung beteiligt.

Prof. Heinrich Theodor Grütter, Mitglied des Vorstandes der Stiftung Zollverein und Leiter der Ausstellung: „Die Ausstellung ist unter den Projekten im Beuys-Jahr vielleicht die politischste. Sie stellt ausdrücklich die gesellschaftliche Bedeutung von Joseph Beuys in den Vordergrund.“

Die dreigliedrige Ausstellung beleuchtet die für Beuys‘ Werk zentralen Themen Demokratie, Ökologie und Kreativität und nimmt sein Konzept der „Unsichtbaren Skulptur“ in den Blick: Ideen und kreative Prozesse rückten in den Mittelpunkt seiner Arbeit als Aktivist und Künstler. Die schöpferische Kraft der Kunst sollte neu entfaltet werden, um eine freie, nachhaltige und lebenswerte Gesellschaft als „Soziale Plastik” aufzubauen.

Die Ausstellung zeigt 250 Objekte, Multiples, Filme und Dokumente von teilweise bedeutenden Leihgeberinnen und Leihgebern wie der Pinakothek der Moderne in München, der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf, der Bundeskunstsammlung in Bonn oder dem Museum für moderne Kunst in Frankfurt. Aber auch zahlreiche Privatsammlerinnen und Privatsammler öffneten ihre Sammlungen und Archive und stellen bisher nie gezeigte Dokumente zur Verfügung.

Neben diesen zentralen Werken und unveröffentlichten Materialien reflektiert die Ausstellung auch Beuys’ Verbindung zum Ruhrgebiet am Beispiel der von ihm gegründeten Freien Internationalen Universität mit Zweigstellen in Gelsenkirchen und Essen. Auch hier zeigen spektakuläre Dokumente die Geschichte der „Fluxus Zone West“ im Ruhrgebiet der 1970er-Jahre.

Zusätzlich laden wöchentliche Ringgespräche unter Leitung des Autors, Künstlers und Beuys-Mitarbeiters Johannes Stüttgen zur Auseinandersetzung mit Fragen nach gesellschaftlichem Zusammenleben, dem Verhältnis Mensch-Natur und eben dem „Erweiterten Kunstbegriff“ ein.

Joseph Beuys – 1921 in Krefeld geboren, in Kleve aufgewachsen und 1986 in Düsseldorf gestorben – war Zeichner, Bildhauer, Aktions- und Installationskünstler, Lehrer, Politiker und Aktivist. Neben Marcel Duchamp, John Cage und Andy Warhol gilt er als einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Beuys steht unter anderem für eine radikal veränderte Wahrnehmung der Grenzen und Aufgaben von Kunst. In seinem Werk befasste er sich mit Fragen des Humanismus, der Sozialphilosophie und Anthropologie. Seine Arbeit zielte auf die radikale Demokratisierung der Gesellschaft ab.

1964 hob er die Trennung zwischen seiner Biografie und seiner künstlerischen Arbeit auf – und betrachtete sein Leben fortan als ein zu formendes Material. Dieses Modell bildete den Ausgangspunkt seiner plastischen Theorie, die 1982 mit dem berühmten documenta-Beitrag „7000 Eichen. Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ ihren Höhepunkt erreichte. Bis heute ist sein Einfluss aus künstlerischen und politischen Diskursen nicht wegzudenken.

Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher, stark bebilderter Katalog im Kölner Wienand-Verlag zum Preis von 29,80 Euro, der nicht nur alle Exponate in Wort und Bild beschreibt, sondern auch einleitende Aufsätze der Kuratorinnen und Kuratoren, von Beuys-Experten und Wegbegleitern wie Lukas Beckmann oder Claus Leggewie beinhaltet.

Mit der Beuys-Ausstellung eröffnet die Stiftung Zollverein gleichzeitig die Halle 8, die ehemalige Kompressorenhalle der Zeche Zollverein. Sie konnte mit Mitteln des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW und des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat zur Kunst- und Ausstellungshalle umgebaut werden, in der von jetzt an mindestens eine Ausstellung zur zeitgenössischen Kunst pro Jahr mit den Schwerpunkten Digitale Kunst und Fotografie gezeigt wird.

Prof. Grütter: „Die Zeche Zollverein war einst die größte Steinkohlenzeche der Welt. Hier wurden Millionen Tonnen von Kohle, also gespeicherte Sonnenenergie, zu Tage gefördert. Energiespeicher und Wärmeströme waren das zentrale Thema im Beuys’schen Werk. Heute wird hier auf Zollverein kulturelle Energie produziert und freigesetzt – ganz im Beuys’schen Sinne.“

Da die Ausstellung aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie nicht wie geplant für den Publikumsverkehr geöffnet werden kann, findet zunächst eine digitale Eröffnung statt. Am Sonntag, 9. Mai, ab 17 Uhr kann diese unter www.zollverein.de/eroeffnung-beuys angesehen werden. Sobald das Infektionsgeschehen eine Öffnung zulässt, kann die Ausstellung unter Berücksichtigung eines Hygienekonzeptes besucht werden.

Veranstaltung: Die Unsichtbare Skulptur. Der Erweiterte Kunstbegriff nach Joseph Beuys
Zeit: ab 10.05. (sobald die „Notbremse“ dies zulässt) – 26.09.2020, täglich 10:00 bis 18:00 Uhr
Eintritt: 7 € (ermäßigt 4 €), Kinder/Jugendliche und Studierende unter 25 Jahren frei, bei Vorlage des Ausstellungstickets „Die Unsichtbare Skulptur“ ist der Eintritt in die Dauer- und Sonderausstellungen des Ruhr Museums ermäßigt
Veranstalter: Stiftung Zollverein in Kooperation mit dem Ruhr Museum
Ort: Halle 8, UNESCO-Welterbe Zollverein, Essen
Informationen: Stiftung Zollverein, 0201 246810, info@zollverein.de
Tickets: www.zollverein.de/tickets-beuys