Bereits 2013 erhielt STARLIGHT EXPRESS von „Guinness World Records, London“ den Titel des erfolgreichsten Musicals weltweit an einem Standort. Inzwischen zählte das Musical weit über 17 Millionen Besucher – kein Ende in Sicht. 305 Mitarbeiter arbeiten am Bochumer Stadionring jeden Tag daran, um das Publikum in sieben bis acht Vorstellungen pro Woche zu begeistern. Dem RUHRgespräch gewährte das Erfolgsmusical einen exklusiven Blick hinter die Kulissen:
„Ein Mitarbeiter der Bühnentechnik bitte auf der 35 melden!“ schallt eine energische Stimme laut aus denen im gesamten Backstage-Bereich aufgehängten Lautsprechern. Jetzt, zwei Stunden vor Beginn der Abendvorstellungen, wird es langsam wuselig auf den engen Fluren des STARLIGHT-EXPRESS-Theaters: Mitarbeiter der Kostümabteilung stehen mit Besetzungslisten in der Hand im Kostümfundus und suchen die passenden Kopfbedeckungen, Kostümteile und Handschuhe für den an diesem Abend auf der Bühne stehenden Cast heraus, Darsteller in Trainingskleidung und mit halbgeschminkten Gesichtern skaten lässig miteinander plaudernd über die Flure, Bühnen-, Ton- und Lichttechniker informieren sich per Walkie-Talkies, ob alle Spots einwandfrei funktionieren, die Video-Projektionen laufen und die Bühnenteile sich exakt bewegen. „Pre-Show“ – die Show vor der Show – nennt sich diese genau durchgeplante Zeit im Musicaltheater, in der alle 16 verschiedenen Abteilungen wie ein präzises Uhrwerk routiniert ineinandergreifend und alles für die bevorstehende Vorstellung vorbereiten. Einer von ihnen ist Yannik Reigber. Der junge Techniker bedient das nagelneue Pult, das hoch über der Bühne auf einem Podest thront. Mit ihm lassen sich sowohl die neun Tonnen schwere Brücke als auch alle anderen beweglichen Bühnenelemente per Knopfdruck steuern. Genauso wie die Sound- und Lichtanlage wurde auch die Bühnentechnik zum 30. Geburtstag des Rekord-Musicals im Jahr 2018 vollständig erneuert. Statt einer Software aus den 80er Jahren steuern nun hochmoderne IT-Programme die komplexe Bühnen-Technik. Über mehrere Bildschirme beobachtet Yannik die gesamte 1200 Quadratmeter große und sich über drei Ebenen und 14 Höhenmeter erstreckende Bühne und sorgt mit dem richtigen Knopfdruck im richtigen Moment für die exakten Bewegungen der verschiedenen Bühnenelemente, durch die immer neue Ebenen und Gleisführungen entstehen, über welche die Darsteller bei der Weltmeisterschaft der Lokomotiven sausen.
Galerie STARLIGHT EXPRESS Teil 1
Auch beim Höhepunkt der Show, der STARLIGHT EXPRESS-Sequenz, kommt seit Kurzem modernste Bühnentechnik zum Einsatz: In dieser Szene scheint Rusty von leuchtenden Sternen umkreist durch die Nacht zu fliegen – ein außergewöhnlicher, magischer Moment, der allen Zuschauern den Atem raubt. Verantwortlich für diesen faszinierenden technischen Effekt sind 28 Drohnen – damit ist STARLIGHT EXPRESS die einzige festinstallierte Show in Deutschland, die mit dieser ungewöhnlichen Technik arbeitet.
Aber nicht nur technisch glänzt der Star der Musicalbranche seit dem 30. Geburtstag in neuem (Sternen-)Licht. Auch die Kostüme und die Make-ups wurden zum großen Jubiläum von STARLIGHT EXPRESS erneuert. Schlichter, moderner, futuristischer ist die Ausstattung nun. Viel Arbeit für die Kostüm- und Maskenabteilung, die innerhalb eines Jahres und während des laufenden Showbetriebs 18 vollständig neue, detailverliebte Kostüme schneidern, bemalen und bekleben musste.
Mit rund 45 Mitarbeitern zählt die Kostümabteilung zu einer der größten bei STARLIGHT EXPRESS: Alle Kostüme werden in der theatereigenen Schneiderei genäht und in der Stoffmalerei in liebevoller Handarbeit bemalt. Allein mit den Näharbeiten sind unsere Schneiderinnen mehrere Wochen lang rund um die Uhr beschäftigt. Festere Teile wie die Helme und Aufsätze der internationalen Züge werden im Theater tiefgezogen. Eine Hutmacherin sorgt außerdem für die Passgenauigkeit der aufwendigen Kopfbedeckungen, ein Kunstgewerbler stellt die Schulterboxen her, die den Darstellern ihr charakteristisches Lokomotiven-Aussehen verleihen. Am Ende wiegen die Kostüme bis zu 18 Kilogramm. Ohne Hilfe können die Darsteller in diese schweren und aus vielen verschiedenen Teilen bestehenden Kostüme nicht hineinkommen – hier werden sie fachmännisch von Ankleidern, im Fachjargon Dresser genannt, unterstützt. Damit das reibungslos klappt, werden alle Kostüme vor der Vorstellung von den Dressern auf große Kostümwagen geladen und an genau festgelegten Plätzen im Backstage-Flur positioniert.
Bevor die Darsteller jedoch ihre schweren Kostüme anziehen, heißt es für das gesamte Ensemble warm machen auf der Bühne. Beim sogenannten Skate-Warm-up fahren alle Darsteller alle Wege auf der Bühne ab, testen ihre Rollschuhe und wärmen ihre Muskeln für die bevorstehende Show auf.
Einiges an Vorbereitung gibt es vor der Show aber nicht nur für Darsteller, Technik und die Kostümabteilung, auch die Maske hat alle Hände voll zu tun, allen Ensemblemitgliedern ihre handgeknüpften Echthaarperücken aufzusetzen und die aufwendigen, teilweise an Skulpturen erinnernden Kopfbedeckungen festzustecken- und zu kleben. Chefmaskenbildner Martin Manneck ist seit Beginn von STARLIGHT EXPRESS 1988 dabei. Durch seine Hände ging schon das Haar hunderter Darsteller und hunderter Perücken, ebenso vielen Darstellern brachte er in der viermonatigen Probenphase bei, sich selbst zu schminken. Denn das müssen die Ensemble-Mitglieder aufgrund der Größe des auf der Bühne stehenden Casts selbst tun. Trotz seiner langen Betriebszugehörigkeit spürt man bei Manneck weder Langeweile noch Routine als er fröhlich plaudernd Joule-Darstellerin Lacy Jordinson ihre Perücke aufsetzt. Vielmehr weht durch die Maske ein Geist, der im gesamten Backstage-Bereich in jeder einzelnen Abteilung spürbar ist: Unglaubliche Leidenschaft für ein Produkt, das bereits seit Generationen Menschen begeistert.
Text: Friederike Gerwe
Fotos: Lothar Bluoss